Ich vermute, dass der meistzitierte "Mut"-Satz der Philosophiegeschichte ein Dichterwort ist, penibler gesagt: zwei Wörter. Im Lateinischen zumindest; denn es handelt sich bei dem Dichter um einen alten Römer. Übersetzungen dieser Maxime ins Deutsche pflegen nicht ganz so kurz und bündig zu geraten. Dem Dichterphilosophen Friedrich Schiller gelang noch eine der schlankesten Wiedergaben: "Erkühne dich, weise zu sein!" (im achten der 'Ästhetischen Briefe'). Die umständlichere von Kant ist dennoch die berühmtere Fassung: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" Sie findet sich in dem Aufsatz, den der Königsberger Vernunftkritiker als Antwort auf eine Umfrage unter Gelehrten verfertigte: "Was ist Aufklärung?" Und er fügte das von Horaz stammende Original – "sapere aude" – rücksichtsvoll hinzu.
Mutige riskieren etwas. Gilt das für die anderen nicht? Wie man's nimmt. Hinsichtlich der heutigen "Risikogesellschaft" nehmen Risiken nicht nur diejenigen auf sich, die furchtlos mitmachen, sondern auch diejenigen, die sich furchtsam zurückhalten. Ob man will oder nicht, man legt Mutproben ab. Denn die Gefahren lauern überall, wohin man sich auch wendet. Altmodisch, mit Goethes Worten ("Beherzigung"), aufgezählt:
Ist es besser ruhig bleiben, klammernd fest sich anzuhangen? Ist es besser, sich zu treiben?
Soll man sich ein Häuschen bauen? Soll man unter Zelten leben?
Soll man auf die Felsen trauen? Selbst die festen Felsen beben.
Das mannigfache Dilemma in puncto Lebenspraxis ist auch wissenschaftstheoretisch ein kritischer Befund. An der Unsicherheit führt – gerade beim Gebrauch des je eigenen Verstandes – kein Weg vorbei.
Ist es besser gläubig bleiben oder Kernphysik zu treiben?
Soll man ganz auf Gott vertrauen oder auf die Forschung bauen?
Liegt im Wissen ein Behagen? Ungemütlich ist das Fragen.
Eines Besseren belehrt als durch Vermutungen wird der heutige Mensch durch nichts mehr. Und ein solches Optimum ist jedes fehleranfällige Provisorium, jede Lebensentscheidung wie jede wissenschaftlich-technische Errungenschaft oder philosophisch-metaphysische Erwägung. Überall und immer wieder frischer und fehlender Mut zugleich – damit müssen und können Gemütswesen leben.
Mutige riskieren etwas. Gilt das für die anderen nicht? Wie man's nimmt. Hinsichtlich der heutigen "Risikogesellschaft" nehmen Risiken nicht nur diejenigen auf sich, die furchtlos mitmachen, sondern auch diejenigen, die sich furchtsam zurückhalten. Ob man will oder nicht, man legt Mutproben ab. Denn die Gefahren lauern überall, wohin man sich auch wendet. Altmodisch, mit Goethes Worten ("Beherzigung"), aufgezählt:
Ist es besser ruhig bleiben, klammernd fest sich anzuhangen? Ist es besser, sich zu treiben?
Soll man sich ein Häuschen bauen? Soll man unter Zelten leben?
Soll man auf die Felsen trauen? Selbst die festen Felsen beben.
Das mannigfache Dilemma in puncto Lebenspraxis ist auch wissenschaftstheoretisch ein kritischer Befund. An der Unsicherheit führt – gerade beim Gebrauch des je eigenen Verstandes – kein Weg vorbei.
Ist es besser gläubig bleiben oder Kernphysik zu treiben?
Soll man ganz auf Gott vertrauen oder auf die Forschung bauen?
Liegt im Wissen ein Behagen? Ungemütlich ist das Fragen.
Eines Besseren belehrt als durch Vermutungen wird der heutige Mensch durch nichts mehr. Und ein solches Optimum ist jedes fehleranfällige Provisorium, jede Lebensentscheidung wie jede wissenschaftlich-technische Errungenschaft oder philosophisch-metaphysische Erwägung. Überall und immer wieder frischer und fehlender Mut zugleich – damit müssen und können Gemütswesen leben.
LG