Wie D. Fitzpatrick in seinem Aufsatz (siehe Beitrag 262) sehr schön klar herausarbeitet, passen Searles "Internalismus" und seine Ontologie sozialer Tatsachen nicht wirklich zusammen. Nach Searle sind Sinn, Bedeutung, Intentionalität rein bewusstseinsimmanente Phänomene. Von außen lässt sich niemals beurteilen, ob ein Individuum intentionale Zustände hat oder nicht. So könne auch ein isoliertes "Gehirn im Tank", das keinerlei beobachtbares Verhalten zeigt und nicht mit anderen Gehirnen kommuniziert, intentionale Zustände haben. Intentionalität ist ein rein mentales Phänomen, dem Verhalten und auch Sprache äußerlich und nachgeordnet bleiben. Sprache und Verhalten bekommen ihre Bedeutung, wenn sie denn eine haben, von den vorgängigen, vorsprachlichen intentionalen Zuständen des Bewusstseins.
Obwohl Searle mit seiner Theorie der Intentionalität sich ganz dezidiert gleichgültig gegenüber der philosophischen Tradition gibt *), steht er mit dieser Theorie in direkter Nachfolge zu Brentano und Husserl. Der Unterschied ist allerdings der, dass er zugleich Naturalist sein will. So interpretiert er intentionale Zustände als natürliche Tatsachen, nämlich als interne Zustände von Gehirnen. Dem hätte Husserl niemals zustimmen können. Aber auch wenn man (wie ich) Husserls transzendentalen Subjektivismus nicht teilt, stellen sich methodische Fragen an Searle: Wie kann etwas eine natürliche Tatsache sein, das grundsätzlich nur einer isolierten, selbstreferentiellen Sicht zugänglich und damit weder beobachtbar noch messbar ist? Solche subjektiven Phänomene sind jedenfalls keine objektiven Fakten, auf die sich die Naturwissenschaften sonst spezialisieren. Auch wenn man Searles eigene realistische Ontologie als Maßstab nimmt, für die Unabhängigkeit vom Subjekt ja gerade das entscheidende Realitätskriterium ist, haut das nicht hin: Denn ganz offenbar sind seine intentionalen Zustände eines ganz sicher nicht: sie existieren eben nicht unabhängig vom Subjekt, das diese Zustände hat und sie wahrnimmt.
Gegen die computationalistischen Positionen der Philosophie des Geistes hält Searle ja selbst eisern daran fest, dass sich die spezifisch geistigen Zustände des Bewusstseins nicht und niemals auf die physikalischen Prozesse des Gehirn reduzieren ließen. Zwar werden geistige Zustände von Gehirnprozessen verursacht, ja SIND es eigentlich Zustände DES Gehirns. Aber die Selbstpräsenz des Bewusstseins existiert nach Searle dennoch auf eine physikalisch nicht erklärbare und reduzierbare Weise. Wieso er sie dennoch als ganz natürliche Tatsache meint interpretieren zu können, ist seltsam. Er hat da offenbar zwei verschiedene, einander widersprechende Gebräuche der Begriffe "Natur", "Realität" und "Tatsache": Einerseits ist etwas nur dann eine natürliche Realität, wenn es bewusstseinsunabhängig existiert; andererseits macht er die Selbstpräsenz des Bewusstseins zu einer unumstößlichen Realität, an der alle naturwissenschaftlichen Erklärungsversuche scheitern müssen.
Mir stellt sich dieser offene Widerspruch so dar, dass Searle bei allem forciertem Naturalismus nicht von den liebgewonnenen Theoremen der guten alten Bewusstseinsphilosophie (Intentionalität, Qualia) lassen kann. Was er als ein Mysterium der Sache darstellt - das da vermeintlich unabhängig von Searles Theorie existiert -, geht in Wirklichkeit darauf zurück, dass er in sich widersprüchliche theoretische Poustulate erhebt bzw. verschiedene Sprachspiele spielt, deren Regeln miteinander nicht kompatibel sind.
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*) So schrieb Searle im Vorwort von "Intentionality" auf Seite ix:
"Entire philosophical movements have been built around theories of Intentionality. What is one to do in the face of all this distinguished past? My own approach has been simply to ignore it..."
Das ist freilich eine dicke Lüge, da er ja ganz eindeutig an Brentano und Husserl anknüpft - was jeder sofort sieht, der die entscheidenden Partien aus deren Werken gelesen hat.
Obwohl Searle mit seiner Theorie der Intentionalität sich ganz dezidiert gleichgültig gegenüber der philosophischen Tradition gibt *), steht er mit dieser Theorie in direkter Nachfolge zu Brentano und Husserl. Der Unterschied ist allerdings der, dass er zugleich Naturalist sein will. So interpretiert er intentionale Zustände als natürliche Tatsachen, nämlich als interne Zustände von Gehirnen. Dem hätte Husserl niemals zustimmen können. Aber auch wenn man (wie ich) Husserls transzendentalen Subjektivismus nicht teilt, stellen sich methodische Fragen an Searle: Wie kann etwas eine natürliche Tatsache sein, das grundsätzlich nur einer isolierten, selbstreferentiellen Sicht zugänglich und damit weder beobachtbar noch messbar ist? Solche subjektiven Phänomene sind jedenfalls keine objektiven Fakten, auf die sich die Naturwissenschaften sonst spezialisieren. Auch wenn man Searles eigene realistische Ontologie als Maßstab nimmt, für die Unabhängigkeit vom Subjekt ja gerade das entscheidende Realitätskriterium ist, haut das nicht hin: Denn ganz offenbar sind seine intentionalen Zustände eines ganz sicher nicht: sie existieren eben nicht unabhängig vom Subjekt, das diese Zustände hat und sie wahrnimmt.
Gegen die computationalistischen Positionen der Philosophie des Geistes hält Searle ja selbst eisern daran fest, dass sich die spezifisch geistigen Zustände des Bewusstseins nicht und niemals auf die physikalischen Prozesse des Gehirn reduzieren ließen. Zwar werden geistige Zustände von Gehirnprozessen verursacht, ja SIND es eigentlich Zustände DES Gehirns. Aber die Selbstpräsenz des Bewusstseins existiert nach Searle dennoch auf eine physikalisch nicht erklärbare und reduzierbare Weise. Wieso er sie dennoch als ganz natürliche Tatsache meint interpretieren zu können, ist seltsam. Er hat da offenbar zwei verschiedene, einander widersprechende Gebräuche der Begriffe "Natur", "Realität" und "Tatsache": Einerseits ist etwas nur dann eine natürliche Realität, wenn es bewusstseinsunabhängig existiert; andererseits macht er die Selbstpräsenz des Bewusstseins zu einer unumstößlichen Realität, an der alle naturwissenschaftlichen Erklärungsversuche scheitern müssen.
Mir stellt sich dieser offene Widerspruch so dar, dass Searle bei allem forciertem Naturalismus nicht von den liebgewonnenen Theoremen der guten alten Bewusstseinsphilosophie (Intentionalität, Qualia) lassen kann. Was er als ein Mysterium der Sache darstellt - das da vermeintlich unabhängig von Searles Theorie existiert -, geht in Wirklichkeit darauf zurück, dass er in sich widersprüchliche theoretische Poustulate erhebt bzw. verschiedene Sprachspiele spielt, deren Regeln miteinander nicht kompatibel sind.
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*) So schrieb Searle im Vorwort von "Intentionality" auf Seite ix:
"Entire philosophical movements have been built around theories of Intentionality. What is one to do in the face of all this distinguished past? My own approach has been simply to ignore it..."
Das ist freilich eine dicke Lüge, da er ja ganz eindeutig an Brentano und Husserl anknüpft - was jeder sofort sieht, der die entscheidenden Partien aus deren Werken gelesen hat.
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